Linksfaschismus

Linksfaschismus (auch Linker bzw. Roter Faschismus oder Rot-Faschismus) ist ein politischer Kampfbegriff ohne einheitliche Bedeutung. Meist soll er realsozialistische Staaten, linksgerichtete Politik oder Ideologie als „Faschismus“, seltener auch Antikapitalismus faschistisch genannter Staaten oder Gruppen als „links“ bewerten. Die Politikwissenschaft verwendet den Begriff, anders als den Faschismusbegriff, nicht zur Beschreibung einer Ideologie oder Gesellschaftsordnung.

Italienische Demokraten bezeichneten damit seit 1926 den Stalinismus als eine mit dem damaligen italienischen Faschismus vergleichbare Diktatur. Vertreter der SPD bezeichneten die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) seit etwa 1929 als „rotlackierte Faschisten“; umgekehrt kategorisierten Kommunisten die Sozialdemokratie als „Rotfaschismus“ oder „Sozialfaschismus“.

Der Philosoph und Soziologe Jürgen Habermas warnte 1967 vor einem „linken Faschismus“ der APO, der eine Gewalteskalation fördern und rechtfertigen könne. Obwohl er dieses Urteil später zurückzog, diente der Begriff in der Bundesrepublik Deutschland meist zur Diffamierung linksgerichteter Gruppen und Parteien.[1] Er soll die von ihnen vertretene Politik, die sich oft als Antifaschismus legitimiert, ihrerseits als faschistisch, also antidemokratisch und gewaltorientiert, angreifen und delegitimieren. Er hat sich dabei zu einem beliebig eingesetzten Stereotyp entwickelt.[2] Das Wort wird ähnlich wie die Begriffe Anarchismus und Linksextremismus von Politikern, Behörden und Medien häufig mit Chaos, Gewalt, Terror und Kriminalität assoziiert. „Linksfaschisten“ werden als Gefahr für die innere Sicherheit dargestellt.[3]

  1. Carola Stern, Thilo Vogelsang, Erhard Klöss, Albert Graff (Hrsg.): Dtv-Lexikon zur Geschichte und Politik im 20. Jahrhundert. Band 2 (H–N). Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1974, ISBN 3-423-03127-1, S. 483.
  2. Wolfgang Fritz Haug: Vom hilflosen Antifaschismus zur Gnade der späten Geburt. Argument-Verlag, 1987, ISBN 3-88619-309-8, S. 145 ff.
  3. Gerhard Strauß, Ulrike Haß, Gisela Harras: Brisante Wörter von Agitation bis Zeitgeist. Ein Lexikon zum öffentlichen Sprachgebrauch. Walter de Gruyter, 1989, ISBN 3-11-012078-X, S. 66.

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